Lieber Andreas Dombert, Sie sind an der UR als Student im B.A.-Studiengang Philosophie eingeschrieben. Als diplomierter Musiker und Jazzgitarrist sind Sie gleichzeitig Lehrbeauftragter im Fachgebiet Musikwissenschaft – Sie bieten in diesem Sommersemester die Übung „Jazztranskriptionen“ an. Wie haben Sie in Ihren verschiedenen „Rollen“ als Musiker, Dozent und Student die Auswirkungen der Corona-Krise erlebt?
Andreas Dombert: Ich habe Anfang März noch zwei Konzerte gespielt, bei denen die Vorahnung eines kommenden größeren Einschnitts bereits präsent war. Damals war mir allerdings nicht klar, dass bis auf Weiteres alle kommenden Konzerte abgesagt werden würden. Nach ein paar Wochen der Umorientierung konnte ich mich aber an die neue Situation anpassen. Es heißt ja, dass Jazz eine Lebenseinstellung sei. Wenn also Jazzmusiker in großen Krisen nicht improvisieren können, wer dann?
Der Online-Unterricht ist für mich als Student und Dozent eher vorteilhaft, da ich zurzeit wenig Kurse besuche/halte und ich dafür nicht extra an die Universität fahren muss. Das ist also praktisch. Ich würde mir wünschen, dass in Zukunft die digitale Lehre einen größeren Stellenwert an der Universität einnimmt.
Wie haben Sie Ihre Übung organisiert, halten Sie sie online ab?
Ja, ich benutze ZOOM und finde, dass die Plattform für mich auch ganz gut funktioniert. Mir ist aber auch klar, dass nicht alle Unterrichtsfächer gleich gut für den Online-Unterricht geeignet sind. Mindestens eine Schwäche hat das Online-Studium ja schon: Es fehlt der persönliche Kontakt vor und nach dem Unterricht, z. B. in der Cafeteria.
Sie geben auch abseits der Universität Workshops für Musikerinnen und Musiker – inwieweit hat die Krise hier Auswirkungen auf Ihre Arbeit gehabt? Können Sie Erfahrungen aus der Online- Lehre an der Uni für die Workshops nutzen – oder umgekehrt?
Im Live-Bereich habe ich – wie viele andere – einen Totalausfall von 100 %. Glücklicherweise konnte ich in den letzten Monaten etwas Tonstudioarbeit erledigen und nebenbei auch Online-Gitarrenunterricht geben. Da ich als Musiker sowieso viel mit dem Computer arbeite, war die Umstellung auf die digitale Lehre für mich nicht ganz so schwer – abgesehen von ein paar Startschwierigkeiten. Diese neuen Erfahrungen nun, die ich jetzt an der Universität Regensburg machen darf, helfen mir selbstverständlich für meinen Online-Unterricht weiter. Einerseits betrifft das den technischen Umgang mit Videoplattformen wie ZOOM, andererseits auch die didaktische Seite meines Unterrichts.
Zusammen mit Sebastian Meier haben Sie vor Kurzem die Plattform edumusica.de ins Leben gerufen. Was ist die Idee dahinter?
Sebastian studiert an der UR Rechtswissenschaft. Als ehemaliger Domspatz hat er das Interesse an der Musik nie verloren, sodass wir seit längerer Zeit darüber nachdachten, ein gemeinsames Projekt zu starten. Ich mag solche „genreübergreifenden“ Projekte sehr. In der Corona-Zeit bemerkten wir, dass es kaum (oder gar keine?) Möglichkeiten gibt, interaktive Live-Workshops mit Profimusiker:innen online zu besuchen. Diese Lücke haben wir als Chance verstanden, um ein neues Format auf den Markt zu bringen. Deshalb haben wir www.edumusica.de auf die Beine gestellt. Diese Workshop-Reihe richtet sich in erster Linie an fortgeschrittene Instrumentalist:innen, mit dem Ziel, die eigenen musikalischen Fähigkeiten auszubauen und das Netzwerk mit Profis und Gleichgesinnten im nationalen und internationalen Umfeld zu vergrößern. Aber selbstverständlich kann jede/r teilnehmen, der Interesse hat. Also auch Hobby-Musiker:innen sind herzlich willkommen.
Im August 2020 bieten Sie auf edumusica.de „Music Summer Masterclasses“ für Gitarre, Klavier, Bass und Schlagzeug an – jeweils in den Musikrichtungen Jazz, Metal und Pop. Wie ist es Ihnen gelungen, die international renommierten Dozenten zu gewinnen?
Über die Jahre als Gitarrist konnte ich mir glücklicherweise gute Kontakte in die Musikszene aufbauen. Mit den meisten Dozenten habe ich selbst konzertiert. Persönliche Kontakte sind – wie fast überall – entscheidend. Ich muss gestehen, dass ich ein bisschen stolz auf das Line-Up bin. :-)
Haben Studentinnen oder Studenten die Möglichkeit, die Meisterklassen für Ihr Studium an der UR anrechnen zu lassen?
Da bin ich mir nicht sicher. In der Musikwissenschaft kann ich mir das weniger vorstellen, da die edumusica-Kurse eher Wert auf die Instrumentenpraxis und auf Pädagogik legen. Ich würde aber dazu raten, bei den zuständigen Dozentinnen und Dozenten nachzufragen. An einer Hochschule für Musik kann ich mir eine Anrechnung gut vorstellen. Für interessierte Musiker:innen, die an der Universität Regensburg studieren oder arbeiten, halten wir übrigens ein Kontingent von Plätzen mit um 20 % reduzierten Teilnahmegebühren bereit. Bei Interesse bitte einfach eine E-Mail an info(at)edumusica.de (öffnet Ihr E-Mail-Programm) schreiben und nachfragen.
Herr Dombert, haben Sie vielen Dank für Ihre Zeit!
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